Musikland Tirol

3. Verstaubtes Archiv als Schatzkammer

Zwei Sammelbestände, die erst nach Jahrhunderten in ihrem verstaubten Archiv entdeckt wurden, bilden heute die Grundlage für wichtige internationale Forschungsprojekte. Die Sterzinger Miszellaneenhandschrift aus dem späten 14. Jahrhundert ist eine zentrale Quelle für die Liedgeschichte der damaligen Zeit. Sie enthält wesentliche Teile des Repertoires damals berühmterAutoren und ist z.B. für die Erforschung des überragenden Lieddichters Neidhart von Reuenthal unverzichtbar. Weiters sind enthalten Lieder anderer bekannter Verfasser wie Johann von Bopfingen, Hermann, Mönch von Salzburg, weiters Lieder des Marners oder der Klara Hätzlerin. Das internationale Repertoire der Handschrift, das von einheimischen Schreibern festgehalten wurde, zeigt eindeutig die liberale Offenheit in der damaligen Kulturpraxis. Schon die fahrenden Spielleute vermittelten fremdes Kulturgut, verbreiteten aber auch europaweit die großartigen Tiroler Heldenepen wie die Sage von Dietrich von Bern. In der Berner-Weise sang man auch das bekannte Eckenlied, ferner Sigenot, Virginal und Goldemar. Nach Tirol weist auch das Hildebrandlied, nach dessen Melodie König Laurin, König Ortnit und Wolfdietrich gesungen wurden. Das Grenzland bewahrte offenbar das alte Liedgut am längsten, und noch im 15. Jahrhundert wurde von den neuen Herren auf Schloss Runkelstein ein Freskenzyklus mit Motiven aus diversen Heldenepen in Auftrag gegeben. Die zweite überregional bedeutsame Sammlung aus Sterzing ist das Spielarchiv Vigil Rabers. Raber stammt aus Sterzing und war in seiner Heimatstadt u.a. als Spielleiter für die Durchführung der Spiele verantwortlich, die besonders zu den Hauptfesten des Kirchenjahrs szenenreich verteilt auf verschiedenen Schauplätzen der Stadt durchgeführt wurden. Raber hat zu diesem Zweck zwischen 1510 und 1535 eine Vielzahl von Spielhandschriften gesammelt und abgeschrieben und teilweise auch selbst verfasst. Geistliche Spiele aus dem 15. Jahrhundert vererbte ihm der Bozner Lateinschulmeister Benedikt Debs, der ebenfalls eine Sammlung von Spieltexten für den praktischen Gebrauch angelegt hatte. Diese Quellen sind auch für die Musikforschung von zentralem Wert, weil sie eine Fülle von Liedern enthalten sowie Regieanweisungen für den Einsatz von Musik.





Sterzinger Miszellaneenhandschrift
2 Lieder anonymer Autoren mit Melodie
Mein hercz das hat jm ausßerwelt
Ich wunsch ir geluck zu helfen mir


The Sterzing Manuscript Miscellany:
Two songs by anonymous authors with melody
Mein hercz das hat jm ausßerwelt
Ich wunsch ir geluck zu helfen mir


3. Dusty Archive Is a Treasure Trove

Two manuscript miscellanies, discovered after centuries in a dusty archive, form the basis of important international research projects today. The Sterzing Miscellany dating from the late 14th century is a central source for the history of songs of the period. It contains substantial parts of the work of famous authors of the day and is indispensable for research on, e.g., the outstanding poet-songwriter Neidhart von Reuenthal. Furthermore, it includes songs by other well known writers such as Johann von Bopfingen, Hermann, the Monk of Salzburg, as well as songs by Marner and by Klara Hätzlerin. The international range of the manuscript compiled by local scribes clearly demonstrates the liberal open-mindedness of cultural activity at the time. Wandering minstrels not only transmitted cultural property imported from abroad but also spread the grand Tyrolean epics about legendary heroes such as Dietrich von Bern all across Europe. Songs sung with the Bern melody were the well-known "Eckenlied," as well as "Sigenot," "Virginal" and "Goldemar." The "Hildebrandlied" also refers to the Tyrol. Its melody was used for singing "König Laurin," "König Ortnit" and "Wolfdietrich." The border area evidently preserved old song material the longest. As late as the 15th century, the new lords of Runkelstein Castle were still commissioning a fresco cycle with subjects from various heroic epics. The second collection of supra-regional importance from Sterzing is Vigil Raber's archive of religious or mystery plays. Raber, a native of Sterzing, was a director responsible for productions in his hometown. Performed on the main feast days of the church year, these plays featured many different scenes and were staged so as to spread over different venues in town. Raber collected and copied a large number of mystery play manuscripts for his work between 1510 and 1535. He also wrote some plays himself. Earlier plays dating from the 15th century were passed on to him by the Latin schoolmaster Benedikt Debs of Bozen, another collector of scripts for practical use. These sources are also of central importance for music research because they contain an abundance of songs as well as stage directions for the part played by music.

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