CD 45

Musica dall'abbazia di Stams XIX

Hans Baldung, genannt Grien, Beweinung Christi, 1513


Alle Werke des Tiroler Passionskonzertes 1998 stammen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Damals hatte Musik für die Karwoche noch besonderes Gepräge. Die Komponisten haben dieser Zeit der Trauer, inneren Einkehr und Besinnung in ihren Werken einen adäquaten Ausdruck verliehen. Die Besetzung ist zumeist reduziert auf Singstimmen, und stilistisch weicht der sonst übliche Kantilenenschmuck jener Zeit dem strengen stile antico der klassischen Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts. Der Stil der Zeit Palestrinas wird idealtypisch für erhabene Musik nachempfunden und verdrängt für kurze Zeit die allzu sinnesfrohe Rokokoornamentik, die damals auch die Kirchenmusik prägte. Im Stift Stams hat zudem, diesem klangasketischen Ideal folgend, das karg klingende Cembalo in der Fastenzeit die volltönige Orgel ersetzt. Bei Messen fehlte das Gloria als freudiger Lobgesang, dafür wurden Introitus, Graduale und Offertorium mit ihren in der Karwoche besonders ergreifenden Texten in die Meßkomposition miteinbezogen. Die hier vorgestellte Passion nach dem Evangelisten Johannes ist im Stift Stams überliefert, in einem Kemptener Druck aus dem Jahre 1694. Weitere, später erschienene Auflagen dieser Ausgabe finden sich in etlichen Archiven Tiroler Pfarrkirchen. Daß diese Passion in Stams zur Liturgie der Karwoche noch im 18. Jahrhundert eingesetzt wurde, zeigen handschriftliche Eintragungen des damaligen Chorregenten P. Stefan Paluselli für den Einsatz des Chors und der Soliloquenten (das sind die Rollen für Petrus, Mägde, Hohepriester, etc.). In einer anonymen Handschrift des 18. Jahrhunderts in der Musiksammlung des Ferdinandeums sind die Chorstellen der Turbae mehrstimmig überliefert.

Track 14, 2:00