Musikland Tirol


Christoph Sätzl gehört zu den bedeutendsten Tiroler Komponisten- persönlichkeiten mit internationaler Beachtung. Wie sehr er zu seiner Zeit geschätzt war, erweist nicht zuletzt die Tatsache, dass mehrere seiner Motetten in berühmte überregionale Sammelwerke aufgenommen wurden. Sätzl hat ausschließlich Kirchenmusik komponiert, was seiner Stellung, zuerst als Domkapellmeister des Tiroler Fürstbischofs in Brixen und später als Kapellmeister am Königlichen Damenstift zu Hall, entsprach. Seine überaus beachtlichen Werke sind nahezu ausschließlich in Innsbruck erschienen, das damals ein Zentrum des Notendrucks von europäischer Dimension war. Sätzls Kompositionen sind nur teilweise erhalten geblieben. Jener Fundus, der noch verfügbar ist, wurde im Rahmen der Sammelaktivitäten des Tiroler Landesmuseums in den letzten Jahren aus den historischen Stimmbüchern in moderne Notenschrift transferiert und dient nun als Grundlage für Konzertprojekte des Ferdinandeums mit dem Ziel, Sätzls Gesamtwerk nach und nach mit CD-Produktionen akustisch zu dokumentieren.
Sätzls Familie stammt aus Südtirol. Sätzl ist ein Hofname in Tschötsch in der Umgebung von Brixen. Die Vorfahren Sätzls haben sich in Brixen niedergelassen, wo er 1592 oder 1593 geboren wurde. Über seine Kindheit ist nichts bekannt, aber es ist durchaus wahrscheinlich, dass er in seiner Heimatstadt die Domschule besucht hat. Auch die Umstände, warum er seine Studien am Gymnasium und später an der Universität in Freiburg aufnahm und mit dem Titel Magister artium abschloss, sind völlig ungeklärt. Aus dem Jahr 1612 stammt die früheste erhaltene Nachricht zu Sätzls Biographie, ein Eintrag im Brixner Domkapitelarchiv, der ihn als Praeceptor 2dae classis, d.h. als Lehrer der zweiten Klasse, an der Schule des Domstifts nachweist. Sätzl mag damals schon musikalisch tätig gewesen sein, denn bereits zwei Jahre nach dieser Erwähnung war er imstande, dem Domkapitel Kompositionen zu verehren. In diese Zeit fällt vermutlich auch seine Entscheidung, Geistlicher zu werden. Im Jahr 1617 wird er zum Priester geweiht. Seine musikalische Begabung muss entsprechenden Eindruck gemacht haben, denn bereits 1619, in noch sehr jungen Jahren, wird er zum Domkapellmeister in Brixen, der Metropolitankirche Tirols mit entsprechender Reputation, ernannt. Er wird seinem ausgezeichneten Ruf durchaus gerecht: Schon zwei Jahre nach seinem Amtsantritt erscheint sein erstes gedrucktes Werk in der Innsbrucker Offizin Agricola (Paur). Das als Ecclesiaticum concentus betitelte Sammelwerk mit 24 lateinischen Motetten manifestiert offenkundig Sätzls herausragende kompositorische Begabung. Dieses großartige Kompendium, das selbstverständlicher Bestandteil der Kirchenmusikpraxis des Brixner Doms gewesen sein wird, ist ein bemerkenswert frühes Beispiel zum eben erst aufkeimenden neuen Stil konzertierender Kirchenmusik in erstaunlicher Meisterschaft.
Im Jahr 1632 erfolgt Sätzls Berufung als Kapellmeister an das Königliche Damenstift zu Hall. Man möchte annehmen, dass der Weggang von der geachteten Stellung als Domkapellmeister einen Abstieg in seiner Karriere als Komponist darstellt. Es ist jedoch das Gegenteil der Fall. Das Haller Damenstift hatte überregionales Ansehen als bedeutende Pflegestätte der Musik und war neben der berühmten Innsbrucker Hofkapelle der Tiroler Habsburgerfürsten die wichtigste Musikinstitution des Landes. Die hochadeligen Damen leisteten sich entsprechnend ihres hervorgehobenen Standes die besten Musiker und initiierten ein vielfältiges, vorwiegend geistliches Musikleben. Das Stift hatte ähnlich dem Hof zu Innsbruck ein als Capelle bezeichnetes Musikerensemble, dem neben dem Capellmeister, der zugleich Kaplan war, der Organist und Sänger angehörten. Diese Vokalistengruppe bestand aus zween bassisten, item zween altisten und zween tenoristen. Der Sopran wurde von sechs Kapellknaben gesungen. Wir haben uns bei der Besetzung mit Ausnahme der Singknaben weitgehend an diese Praxis angeglichen. Zur Zeit Sätzls wurden erstmals auch zwei Instrumentalisten, vermutlich Geiger, in die Kapelle aufgenommen. Dass bei festlichen Anlässen noch weitere Musiker mit Instumenten die Kirchenmusik verstärkten, kann als sicher gelten. Dieser Umstand geht schon daraus hervor, dass in der Instruktion für den Kapellmeister auch die Aufgabe angeführt ist, für die zum Chor geherigen Instrumente verantwortlich zu sein.
Christoph Sätzl hat 23 Jahre in Hall gewirkt und das dortige Musikleben maßgeblich geprägt. In diesem Zeitraum sind beachtliche Werke von ihm erschienen, die trotz ihrer nachweislich auch internationalen Verbreitung intentional vor allem mit seiner Haller Wirkungsstätte, dem Damenstift verbunden sind. Besonders trifft dieser Umstand auf seine 1646 in Innsbruck gedruckte Messensammlung Novem missae novae zu, die er dem mit ihm befreundeten berühmten Haller Stiftsarzt und Stadtphysikus Hippolyt Guarinoni gewidmet hat. Die Sammlung von neun eher kleingliedrig gestalteten Messen kommt mit ihren vielfältigen Besetzungsvariaten idealtypisch der Flexibiltät damaliger Kirchenmusikpraxis entgegen.
Manfred Schneider

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